Gib Dir Muscador!
Letzten Dezember saßen die drei Freunde Christ D.Q, Albi X und Melo zu Hause bei Christ in der Südstadt zusammen. Sie begannen aus Spaß, den Muscador, einen französischen Sekt, der vor ihnen stand, zu besingen. Muscador ist für Menschen aus dem Kongo, die nicht mehr in der alten Heimat leben, mit ähnlich großen Gefühlen aufgeladen wie für Kölner das Kölsch. Aus dem Spaß eines Abends entstand wenig später ein professioneller Song und ein Musikvideo, das um die Welt ging und nicht nur in der kongolesischen Community für Furore sorgte. Am 25. September 2020 erschien ihre erste EP „Deufrala“. Ich traf die drei 22-jährigen Musiker im Eiscafé Settebello.
Die Drei sind Freunde seit Kindheitstagen. Dass sie nun zusammen ein Musikprojekt realisieren, wundert sie trotzdem manchmal selbst. Christ D.Q: „Ein Zufall, aber ein sehr guter Zufall.“
Ihr habt einen Sound, den ich so noch nirgendwo gehört habe. Albi X: Unseren Sound gibt es noch nicht.
Christ D.Q: Unser erster Song „Muscador“ wurde nicht unter „Deutschrap“ gelabelt, sondern unter „Weltmusik“. Unser Sound ist international, denn unsere Generation ist eine Mischgeneration. Unsere Eltern kommen meistens aus dem Ausland, wir sind mit zwei Sprachen aufgewachsen. In unseren Liedern hört man das auch: wir reden flüssig Deutsch, Französisch und Englisch und auch unsere Sprache aus dem Kongo, Lingála. Man kann in unseren Liedern aber auch mal „Jeck“ hören, weil wir aus Köln sind. Man checkt also: die Jungs sind von hier.
Albi X: Den Vibe versteht man immer, auch wenn man manche Zeilen nicht versteht. Wir wollen aber auch deshalb auf Deutsch rappen, damit die Menschen uns verstehen. Wir wollen ja hier auftreten, in unserer Sprache, wir wollen uns hier präsentieren. Wir kommen aus Köln. Aber auch aus dem Kongo.
Da Albi X Albino mit afrikanischen Wurzeln ist, sieht er interessant aus. Mit 13 wurde er beim Tanzen auf der Domplatte von seinem jetzigen Manager entdeckt, und seitdem modelt er unter anderem für Adidas, asics oder die italienische VOGUE. „Ich dachte immer, modeln wäre was für Erwachsene“, lacht er. Musik macht er schon länger als die anderen beiden, und durch das Musikvideo zu „Muscador“ wurde die Hamburger Rapperin Haiyti auf ihn aufmerksam und lud ihn für den Track „Toulouse“ ein, der im Februar rauskam (Link zum Video). Er ist das Kraftpaket der Drei und lässt auf der Bühne alle Energie raus. „Albi X ist unsere Energiequelle“, sagt Christ D.Q.
Christ D.Q: Der heutige Deutsche hört auch Sachen auf Türkisch, das war aber nicht immer so. Heute ist es normal, Slangwörter aus verschiedenen Sprachen zu benutzen.
Melo: Mein kleiner Bruder verwendet zum Beispiel im normalen Sprachgebrauch auch türkische Wörter durch seine Freunde, die auch nochmal einen anderen, multikulturellen Background haben.
Melo hat das Kölner Streetwear-Modelabel „Vertigo Lab“ mitgegründet und veranstaltet seit über vier Jahren die Partyreihe „Sauce Events“. Zu jedem Event werden immer andere Räume angemietet, und wann und wo eine Party stattfindet, weiß man nur, wenn man dem Instagram-Profil folgt. Melo ist für die ruhigen, melodiösen Stellen zuständig. Er ist derjenige, der vorher selbst noch keine Musik gemacht hat.
Christ D.Q: Wir sind alle Kölner. Da trifft man zusammen. Wir sind hier geboren, als Kinder von Kongolesen, und für uns mischt sich die kongolesische mit der deutschen Kultur. Wir wollen Lingála nach Köln bringen. Viele, die unsere Musik hören, sagen: „Ey, ich versteh nix, aber ich FEIER das! Sag mir, was es bedeutet, damit ich es NOCH mehr fühlen kann.“
Christ D.Q (die Abkürzung steht für „du Quartier“, aus dem Veedel) interessiert sich schon immer für alles rund um die Musikproduktion. Er ist Teil der Sauce Events, und wegen seiner tiefen Stimme singt er natürlich den Bass.
Albi X: Unsere Musik steht für gute Laune und nicht für Gewalt. Das ist uns wichtig!
Habt Ihr musikalische Vorbilder? Christ D.Q: Ich mag die Arbeit von Kendrick Lamar und von Damso aus Belgien. Albi X: Durch Travis Scott habe ich die Energie bekommen, dass ich auf der Bühne so ausrasten kann und meine Energie fühle. Durch ihn habe ich das Selbstbewusstsein, das zu zeigen.
Wie entstanden die Songs zu Deufrala (Deufrala steht für Deutsch-Französisch-Lingála)? Christ D.Q: „Wir nehmen die Skizzen in meinem Studio am Chlodwigplatz auf. Dort nehmen wir alles so auf, wie es sein soll und mieten uns dann in ein professionelles Studio ein, um den bestmöglichen Sound zu haben. Die EP wurde letztendlich in einem Studio in Frankfurt aufgenommen.“
Albi X: Es sind schon zwei Lieder draußen: Muscador („Gib Dir Muscador!“, heißt der Refrain übersetzt ins Deutsche) und Makélélé, was soviel heißt wie „Geräusch“. Wenn wir singen „Tika* Makélélé“, bedeutet das: „hör auf zu nerven“, „sei ruhig“.
Eure Musikvideos zu „Muscador“ und „Makélélé“ sind richtig gut. Wer hat die gemacht? Melo: Ein Freund von uns, den wir aus dem Jugendzentrum Boltensternstraße kennen. Dort hat er auch filmen und schneiden gelernt.
Christ D.Q: Wir haben ein großes Glück, dass wir so viele kreative Freunde und Bekannte haben: Fotografen, Tänzer, Models, DJs, Kameramänner. Sonst könnten wir das gar nicht machen. Auch die Party- und Rapszene ist untereinander vernetzt. Es ist fast unmöglich, in Köln nicht vernetzt zu sein.
Melo: Es stecken so viele Qualitäten in dieser Stadt. So viele künstlerische Seiten, die noch nicht öffentlich bekannt sind. Köln ist eine Millionenstadt, aber es fühlt sich nicht an wie Millionen.
Christ D.Q: In Köln passiert so viel, aber man sieht noch nichts davon, man spürt noch nichts davon. Wir wollen Köln zurück auf die Landkarte bringen. Wenn wir Freunden unsere EP vorspielen, sagen die: Ihr habt wieder alles auf den Kopf gestellt! Wir haben noch so viel vor.
Die EP „Deufrala“ von Albi X, Christ D.Q & Melo erschien am 25. September 2020.
Folgt den Dreien auf Instagram:
Christ D.Q @legvrcon_noir
Albi X @albixgram
Melo @hucklebenzofinn
Alle Fotos: Oliver Köhler Der Artikel erschien zuerst auf www.meinesüdstadt.de
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