Der letzte Gast im Tanzlokal – Big Mike bringt die Achtziger zurück!
Wer zum ersten Mal einen Song von ihm hört, möchte seinen Ohren kaum trauen: original Achtziger Musik mit kölschen Texten. Wieso höre ich das erst jetzt? Wer hat das denn ausgegraben?
Foto: Oliver Koehler Es sind Big Mike und Gianni La Bamba, die die Achtziger feiern. Mit Instrumenten, die keinen Tag jünger als 1989 sind. Die beiden gestandenen Männer haben die Achtziger als Kinder erlebt, aber nie vergessen. Und 2014 beschließen sie, gemeinsame Sache zu machen. Seitdem ist ihre Musik in den Kreisen junger Menschen, die um die Jahrtausendwende geboren wurde, absolut Kult und wird gerne beim Vorglühen abgefeiert. Die Konzerte von Big Mike und Gianni La Bamba sind Testosteronbäder. Selten sieht man so viele heterosexuelle Männer mit nacktem Oberkörper wie in ihren Konzerten, die schwitzend und glücklich dem „Testosaurus“ huldigen und jede Zeile mitsingen.
Wen das interessiert, der muss jetzt etwas Geduld haben. Denn Big Mike und Gianni La Bamba konzentrieren sich gerade auf ihr Album, das im Frühjahr 2019 erscheinen soll – stilgerecht Achtziger natürlich auch auf Kassette und Vinyl.
Und so ist die Musik schon lange über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt, sodass sogar in Berliner Clubs op kölsch gesungen wird.
So ironisch wie viele denken, ist das gar nicht gemeint. Wir nähern uns dem Phänomen Big Mike, indem wir ihn an dem Ort treffen, an dem er seit vielen Jahren seine Muskeln trainiert – im World Gym am Bonner Wall. Er kommt etwas später (der Kölner Verkehr), dafür ist er strahlend gut gelaunt. Wir betreten das Gym und bekommen erstmal einen schwarzen Kaffee. Er sieht genauso aus wie auf seinen Fotos: knapp zwei Meter groß und 120 Kilo schwer, beeindruckend. Allerdings ist er viel fröhlicher als auf seinen Fotos. Schließlich MUSSTE man in den Achtzigern cool gucken, und außerdem hat er gerade Urlaub.
Der Wirtschaftsinformatiker, der seit vielen Jahren im Marketing eines Lebensmittelkonzerns tätig ist, macht seit seinem 19. Lebensjahr Kraftsport. Zu seinen besten Zeiten konnte er 200kg stemmen, aber nun ist der Rücken fast kaputt, und er stemmt aus Vernunft nur noch 150kg. 20 Jahre Training gehen nicht spurlos an einem vorbei.
Woher kommt Deine Faszination für die Achtziger Jahre? Ich bin in den Achtzigern aufgewachsen. Die Ästhetik war damals auf dem Höhepunkt. Erst gab es nur drei Fernsehprogramme, dann kam plötzlich die Satellitenschüssel, und damit die prägende Reizüberflutung. In den 90ern war man dann davon übersättigt. Aber man will wieder zurück zum ersten Kick in den Achtzigern. Man gräbt nach dem alten, geilen Zeug. Gianni La Bamba lernte ich in der Punk-Hardcore-Szene kennen. 2005 schauten wir den britischen Gangsterfilm „The Business“, der in den frühen Achtzigern in Spanien spielt. Abgeschobene Gangster bauen sich an der Costa del Sol ein Drogenimperium auf. Den Film fanden wir so cool, wir wollten genauso cool sein. Seitdem bin ich komplett auf den Eighties hängengeblieben. Das ist klassische Nostalgie. Es waren die goldenen Zeiten. Damals ging es den Leuten gut.
Und wie entstand die Idee zu Big Mike? Ein Kumpel empfahl mir eine Bude in Bonn, das „Health Studio“, geführt von einem Mike: groß, stark, blond, braun gebrannt. Er war Ende 50, hatte geerbt und unterhielt das Studio aus den Siebzigern nur noch nebenbei. Das Studio war in der Zeit stehen geblieben. Da trainierten ältere Herren, die in den Achtzigern was draufhatten, was jetzt in den Augen vieler nichts mehr zählte: Porsche, Goldschmuck, lange Haare. Der Besitzer Mike strahlte alles aus, was ich auch sein wollte: immer gut drauf, und er gab mir solide Trainingstipps. Als er mich das erste Mal reinkommen sah, rief er: „Du musst das Studio übernehmen!“ Dazu kam es dann nicht, aber er gab mir einen großen Impuls. Und da, 2011, bekam ich auch den Namen „Big Mike“, denn ich war einen Kopf größer als der Mike aus dem Bonner Studio. Und im Film „Pumping Iron“ (Doku-Drama von 1977, ein Kultfilm des Bodybuildings, u.a. mit Arnold Schwarzenegger) gibt es auch einen Big Mike. Der kommt rein, und alle grüßen ihn.
Ich habe lange mit einer Bonner Punkband Musik gemacht. Der gleiche Kumpel, der mir das Bonner Studio empfahl, schlug mir vor, ich solle mich doch Mike Ballermann nennen und Schlager singen. Daraus entstand 2014 Big Mike & Gianni La Bamba, und wir machen mit original Synthesizern Italo-Disco mit kölschen Themen und Texten. Das war schon immer meine Vision, seit ich den Film „The Business“ gesehen habe – alles wird auf Knopfdruck zu 1987. Die Instrumente, die wir benutzen, sind allerhöchstens von 1989. Da legen die Fans vielleicht keinen großen Wert drauf, aber wir tun es.
Was ist der beste Song der 80er? Ich war sieben, als ich bei der Kirmes auf der Himalaya-Bahn saß und Tarzan Boy von Baltimora gehört habe. Der kam 1985 in die Charts, und ich höre den heute noch mindestens einmal im Monat.
In welchem Jahr würdest Du am liebsten leben? Nach 1991 kam nichts essentiell Wichtiges mehr raus, weder Klamotten, Musik, Autos, Filme, gar nix. 1991 ist daher das beste Jahr, weil es da alles schon Gute gab.
Du bist ja gebürtiger Saarlouiser. Was haben das Saarland und Köln gemeinsam?
Im Rückblick kommt mir das Saarland wie in Slow Motion vor, sowohl von den Bewegungen als auch von der Redegeschwindigkeit. Das Saarland ist das Rheinland auf Valium. Ähnlich: jeder kennt jeden. Und durch das Rheinland und das Saarland fließt jeweils ein Fluss, mit dem viel verbunden wird. Beide Orte sind streng katholisch, es gibt Zusammenhalt und einen großen Pathos um den Zusammenhalt. Darum ziehen auch viele Saarländer nach Köln. Sie kommen hier gut parat. Köln ist schön überschaubar. Mehr wäre mir zuviel. Im Saarland habe ich mich gelangweilt. Köln war da das nächste, gut Erreichbare. Von Saarlouis aus betrachtet ist Köln wie New York.
Was sollte jeder Mann besitzen? Eine Rolexuhr, ernsthaft. Ein Auto. Je nach Alter ein Haus. Ich glaube, das ist das Wichtigste. Und einen Trainingsanzug.
Vielen Dank für das schöne Gespräch!
Die Musik von Big Mike gibt es auf itunes, Spotify, Deezer und Amazon. Merchandise ist auf testosaurus.ecwid.com erhältlich.
Das Interview erschien zuerst bei Meine Südstadt.