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"Meine Eltern? Die wissen das gar nicht!"

Da ich gerne lache, gehe ich immer donnerstags, wenn es mein Terminkalender zulässt, in Manuel Wolffs "Boing Stand Up Comedy Club" in den Coellner. Dort stand eines Tages Thomas Schmidt auf der Bühne. Der Solinger ist vor acht Monaten in eine WG in die Südstadt gezogen, um näher am Ort des Geschehens zu sein: der Stand Up Comedy Szene Kölns. Wer glaubt, man müsse sich als Dennis aus Hürth oder Cindy aus Marzahn verkleiden, Dialekt sprechen und die Lanxess-Arena vollbekommen, um sich Stand Up Comedian nennen zu dürfen, der täuscht. Bei Stand Up Comedy erzählt jemand auf einer Bühne aus seinem (vermeintlichen) komischen Alltag.

Thomas Schmidt Comedian

Wenige Meter vom Coellner entfernt ist das WIPPNBK. Wir treffen uns morgens um 9 Uhr auf einen Kaffee. Schmidt ist müde: er hatte am Vorabend einen Auftritt, kommt direkt aus Solingen und muss nach dem Gespräch weiter nach Düsseldorf. Er trinkt seinen Kaffee schwarz.

Erzählst Du auf der Bühne auch Witze? Thomas Schmidt: Nein, das würde mir keinen Spaß machen. Mich interessieren Beobachtungen von Beklopptem im Alltag. Warum achten Menschen beim Tanken darauf, dass es glatt 20 Euro sind, wenn sie doch sowieso mit Karte zahlen? Was ist das für ein seltsamer Ordnungssinn? Sowas interessiert mich, sowas finde ich lustig. Wenn ich ein Thema gefunden habe, fallen mir weitere Sachen ein, die ich dazu erfinde, um das Thema etwas zu überziehen. Es darf aber nicht zu abgedreht werden, sondern soll realistisch wirken.

Was sagt Deine Freundin dazu, wenn Du über Eure Beziehung erzählst? Sie findet das gut.

Wie grenzt Du Dich ab, dass Du nicht zuviel Privates erzählst? Stand Up Comedy beinhaltet schon, dass man viel von sich preisgibt. Ich bin auf der Bühne ja keine erfundene, verkleidete Figur, sondern schon in großen Teilen Thomas Schmidt. Und wenn ich dann auf der Bühne aus meinem Leben erzähle, hat das Publikum im Laufe des Abends schon den Eindruck, mich zu kennen. Ich spreche ja auch zu ihm wie zu einem guten Freund. Nur so kann eine Beziehung entstehen. Vielleicht distanziere ich mich, indem ich manches ironisch oder sarkastisch drehe. Die Gratwanderung ist es, dabei immer noch sympathisch zu bleiben.

Hast Du schon immer Menschen gerne zum Lachen gebracht? Allerdings. Ich habe es schon immer geliebt, wenn andere über das von mir Gesagte lachen. Da war es mir auch egal, was der Lehrer dazu gesagt hat. Dieses Bedürfnis hat mir meine komplette Schullaufbahn versaut. Ich bin nach der 11. Klasse abgegangen, habe aber trotzdem 14 Jahre Schule hinter mir. Ich war auch einer von denen, zu dessen Eltern die Lehrer gesagt haben: „Er ist nicht dumm, aber sehr faul.“ Letztendlich kriegt das fast jeder zu hören.

Wie ging das los, dass Du auf die Bühne bist? Ich kannte Comedy nur aus dem Fernsehen. Irgendwann bekam ich eine CD von Michael Mittermaier geschenkt, und sein Programm „Zapped“ kann ich immer noch komplett auswendig mitsprechen. Aber das war für mich ein reines Fernseh-Phänomen, das nichts mit mir und meinem Leben zu tun hat. Vor einigen Jahren hat der Comedy-Autor Marcus Budde in Solingen den ‚Comedy Punch Club’ aufgemacht, in dem jeden Mittwoch Menschen auf die Bühne gehen und die anderen zum Lachen bringen. Da bekam ich zum ersten Mal einen Impuls, das selbst auch machen zu wollen.

Ich habe mich ewig auf meinen ersten Auftritt vorbereitet. Ein Jahr, um genau zu sein. Als ich dann Ende 2012 endlich auf der Bühne stand, war das okay, aber letztlich gar nicht so geil, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Danach habe ich wieder ein Jahr gar nichts mehr in dem Bereich gemacht und weiter als Tischler gearbeitet. Allerdings hat mich die Comedy nie ganz losgelassen, und so plante ich, irgendwann nochmal auf die Bühne zu gehen. Im Winter 2013 bin ich dann nach fünfwöchiger Vorbereitung bei ‚Kunst gegen Bares’ in Köln vor 150 Leuten aufgetreten, und das war wirklich gut.

Man muss einfach auf die Bühne. Aus heutiger Sicht denke ich, ein Jahr Vorbereitung auf den ersten Auftritt war viel zu lang, ich hätte viel schneller auf die Bühne gehen sollen.

Wie bereitest Du Deinen Auftritt vor? Ich mache mir im Alltag Notizen, schreibe mir dann einen Text auf und lerne damit. Für den Auftritt selbst mache ich mir einen großen Notizzettel, den ich dann kurz vorm Auftritt natürlich verliere. Später gucke ich mir die Video-Aufnahmen an und analysiere meinen Auftritt. Oft schaut man sich auch die Auftritte von befreundeten Kollegen an und umgekehrt, und unterstützt sich so gegenseitig mit Tipps oder Hinweisen.

Gibt es berühmte Vorbilder? Nicht direkt. Ich muss natürlich Louis C.K. nennen, der ist ein ganz großes Vorbild für ganz viele. Ich mag aber auch Chris Rock, Bill Burr, Jim Carrey... In Deutschland gibt es auch viele Stand Up Comedians, die richtig gut sind. Maxi Gstettenbauer hat mich schon vor Jahren beeindruckt, und auch die Leute der Rebell Comedy sind richtig gut.

Du trägst bei vielen Auftritten Spiderman-T-Shirt und Spiderman-Cap. Jetzt auch. Bist Du Fan? Ein bisschen.

Was sagen Deine Eltern dazu, dass Du Comedy machst? Die wissen das nicht (lacht). Nein, sie freuen sich für mich und unterstützen mich. Zum Beispiel mit der Finanzierung einer Kfz-Versicherung.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dieses Interview erschien zuerst auf www.meinesüdstadt.de

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