„Bildung ist die einzige Hilfe, die auch nachhaltig wirkt“
Heute vor drei Jahren ging mein Interview mit Jutta Ackermann online. Ich hatte sie auf einer Party bei einem gemeinsamen Freund kennen gelernt, und mich erreichte danach eine Mail, in der sie zu einem Benefiz-Abend ins Odeon einlud. Mich interessierte, wofür sie da sammelte, und wir trafen uns zu einem Kaffee im Wippenbecks. Im Anschluss daran schrieb ich folgenden Artikel:
Die Fernsehjournalistin Jutta Ackermann kam zum ersten Mal in Kontakt mit Mali, als ihr Mann dort zwei Dokumentationen drehte. Das war 2008. Damals lernte er dort fünf Familienväter aus Bandiagara kennen. Und diese fünf Männer hatten einen Plan: Ein Internat für Schüler, wo sie schlafen, essen und lernen können. Es gab bereits einen Businessplan und eine Warteliste voller Schüler. Was ihnen fehlte, war das Geld.
Jutta Ackermann hatte schon lange den Wunsch, ein Projekt zu unterstützen, das sie für sinnvoll hält. Sie organisiert gerne, das macht ihr Spaß. So nahm sie sich des Projektes an, reiste Ende 2008 nach Mali, mietete Räume an, und im ersten Schuljahr zogen zwölf Schüler in das Internat ein. Finanziert wurde das erste Jahr durch Spenden im Freundes- und Familienkreis. Für 365 Euro kann man einem Schüler ein ganzes Schuljahr finanzieren. Nach dem ersten Jahr, als sie wusste, dass das Projekt Zukunft hat, gründete sie den „Verein zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in Mali e.V.“
Was hat es mit der Veranstaltung im Odeon auf sich?
Jutta Ackermann: „Ich miete das Odeon für eine Vorstellung und verkaufe die Kinokarten an Vereinsmitglieder, Freunde, Bekannte und Interessierte. Ein kleiner Teil des Geldes geht ans Odeon für deren Kosten, der größte Teil fließt direkt in das Projekt. Gleichzeitig soll der Verein bekannter, die Mitglieder aktiv gehalten und das Internat in Erinnerung gebracht werden. 2011 haben wir das schon einmal im Odeon gemacht, das fand große Resonanz. 2012 mussten wir allerdings aussetzen. Es gab eine Krise in Mali, und ich hätte nicht garantieren können, dass das Geld auch wirklich dort unten ankommt. Islamisten überfielen Apotheken, Moscheen und Banken. Das Jahresbudget war zwar gesichert, aber es kamen keine großen Spenden dazu."
Foto: http://dogon-internat-bandiagara.de/
Worin unterscheidet sich Ihr Projekt von anderen?
„In den Bergdörfern im Dogonland gibt es keine Gymnasien. Die Kinder müssen weit weg von zu Hause, um Schulbildung zu erhalten. In unserem Internat können die Kinder in Schulnähe sicher wohnen, schlafen und essen. Es sind Oberstufenschüler, zwischen 13 und 19 Jahren. Das Internat wird von fünf Familienvätern aus dem Dogonland geleitet, die sich mit den Gegebenheiten auskennen. Wenn ein Schlafsaal gebaut wird, beauftragen wir ein Unternehmen vor Ort. Unser nächstes Ziel ist es, Ausbildungen anbieten zu können für zwei, drei Berufe, die die Schüler ergreifen können.
Mali hat knapp 14 Millionen Einwohner und ist 3mal so groß wie Deutschland, besteht allerdings zu 60% aus Wüste. Das Land hat gerade Ende Juli gewählt. Es gab eine hohe Wahlbeteiligung, obwohl die Bürger lange Wege dafür auf sich nehmen müssen. Das zeigt, dass die Menschen mitbestimmen möchten. Sie wollen selbstständig werden, arbeiten können, an der Politik teilhaben. Auf lange Sicht soll sich was ändern.
Der erste Computer im Internat, Foto: http://dogon-internat-bandiagara.de/
Unser Projekt ist ein Projekt von privat zu privat. Wir haben keine finanziellen Verluste durch Korruption, Bürokratie oder Verwaltungsgebühren, sondern: Wir machen einfach eine Überweisung. Die Gebühr dafür trage ich. So erreichen die Spendengelder zu 100% das Projekt. Die Spender sehen genau, was mit ihrem Geld passiert, und sie sollen und wollen das auch sehen. Die Strukturen vor Ort müssen mit den Spenden mitwachsen. Es gibt mittlerweile auch größere Sponsoren, aber auch viele Kleinsponsoren, die regelmäßig spenden. Es wird alles offiziell geführt, Finanzamt, Gemeinnützigkeit, Mitgliederversammlungen, Abrechnungen. Das mache ich hier in Köln.“ Worauf muss man achten, wenn man in Mali ein Internat führt?
„Es ist einfach so, dass sehr wenig Geld schon sehr viel ausrichten kann. Allerdings auch sehr viel anrichten. Im Zuge der Recherchen und in Gesprächen mit anderen Aktiven in Afrika stellte sich schnell heraus, dass es viele gut gemeinte Projekte gibt, die aber nicht immer zu Ende gedacht werden. Wie helfen z.B. teure Bewässerungsanlagen, wenn niemandem gezeigt wird, wie man sie wartet?
Damit uns nicht das Gleiche passiert, wurden wir von Anfang an von der Entwicklungshelferin vor Ort unterstützt, einer Bambergerin, die zwar mittlerweile in Kamerun arbeitet, das Projekt aber auch immer noch begleitet.
An der Entwicklungshilfe wird ja auch kritisiert, dass sie Aufgaben übernimmt, die eigentlich der Staat übernehmen müsste. Ich denke, die humanitäre Soforthilfe bei Naturkatastrophen und Hungersnöten ist immer zwingend notwendig. Aber auf lange Sicht hilft den Ländern der Dritten Welt nur Bildung, Schulbildung, Universitätsbildung, gerade in der Landbevölkerung. Bildung ist die einzige Hilfe, die nachhaltig wirkt.“
Mehr im Netz: Homepage des Internats Sie können den Verein unterstützen:
Verein zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in Mali e.V.
IBAN: DE71 3705 0198 1929 5490 36
Der Artikel erschien zuerst auf Meine Südstadt